RETTUNGSGASSE

13. April 2018

Ein sehr großes Thema ist zur Zeit die Problematik: "Rettungsgasse"

Es vergeht kaum ein Unfall in Deutschland, bei dem die Gasse, wenn überhaupt, richtig gebildet wird.

Ein paar Informationen zu diesem Thema:

 

Rettungsgasse

Rettungsgasse ist in der deutschen Sprache ein stehender Begriff geworden, der in der deutschen Straßenverkehrsordnung amtlich als Freie Gasse, später in der österreichischen Straßenverkehrsordnung auch alsRettungsgasse bezeichnet wird. Damit ist der von den Verkehrsteilnehmern zu schaffende Fahrweg für Rettungskräfte bei einem Stau oder bei einem Verkehrsfluss in Schrittgeschwindigkeit auf mehrstreifigen Richtungsfahrbahnen gemeint. Sie ist bei jedem Stau in ausreichender Breite – auch für große Feuerwehrfahrzeuge, Bergefahrzeuge oder witterungsbedingt auch für breitere Straßendienstfahrzeuge beispielsweise mit Schneepflug – zu bilden, unabhängig davon, ob sich Rettungskräfte nähern oder nicht.

Die Rettungsgasse kann bei schweren Unfällen lebensrettend sein. Durch ein schnelleres Erreichen der Unfallstelle durch die Rettungskräfte erhöht sich die Überlebenschance lebensbedrohlich Verletzter. Entsprechende Merkblätter sprechen davon, dass ein um vier Minuten schnelleres Eintreffen der Rettungskräfte die Überlebenschance um bis zu 40 % erhöht. Darüber hinaus könnte die Einsatzstelle umso schneller geräumt werden, je rascher die Rettungskräfte vor Ort sind, wodurch die Verkehrsteilnehmer ihre Fahrt früher fortsetzen können.

 

Rettungsgasse in Deutschland

Bei Verkehrssituationen, die zu einem Rückstau führen, haben die Verkehrsteilnehmer des linken Fahrstreifens ihre Fahrzeuge ganz an den linken Fahrbahnrand zu lenken. Verkehrsteilnehmer auf dem rechten Fahrstreifen haben ihre Fahrzeuge ganz an den rechten Fahrbahnrand zu lenken. Damit bildet sich zwischen den beiden Fahrzeugkolonnen eine für Einsatzfahrzeuge reservierte Fahrspur. Bei mehreren Fahrstreifen befindet sich die Rettungsgasse immer rechts der am weitesten links befindlichen Fahrspur.

Regelung seit 2016

Geregelt ist die Rettungsgasse in § 11 Abs. 2 (StVO). Dieser lautet seit dem 14. Dezember 2016:

„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“

 

Ein Fahrzeug mit Wegerecht (Blaulicht, Sirene) kann unmittelbar anordnen, freie Bahn zu schaffen.

  • Bildung einer Rettungsgasse in Deutschland
  • Rettungsgasse wird gebildet

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  • Rettungsgasse bei zwei Fahrspuren

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  • Rettungsgasse bei drei Fahrspuren

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  • Rettungsgasse bei vier Fahrspuren

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Seitenstreifen

Die Standspur gilt gemäß § 2 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) nicht als Bestandteil der Fahrbahn und darf deshalb nicht regulär befahren werden. Nur im äußersten Ausnahmefall, bei Schrittgeschwindigkeit und entsprechend vorsichtiger Fahrweise darf die durchgehende Fahrbahnbegrenzungslinie zum Seitenstreifen überfahren werden, wenn nur dadurch eine ausreichend breite Rettungsgasse gebildet werden kann. Der Seitenstreifen darf hingegen benutzt werden, wenn er durch das Verkehrszeichen 223.1 Zeichen 223.1-50.svg zum regulären Befahren freigegeben ist oder die Fahrzeuge durch die Polizei dorthin geleitet werden.

In zahlreichen Veröffentlichungen, selbst durch den Deutschen Verkehrssicherheitsrat, wird zur generellen Benutzung der Standspur bei der Bildung einer Rettungsgasse aufgerufen, was jedoch durch die Straßenverkehrs-Ordnung nicht gedeckt ist, wie auch von Obergerichten bestätigt worden ist.

„Nutzt ein Einsatzfahrzeug der Polizei, das zu einem Verkehrsunfall auf einer Bundesautobahn gerufen worden ist, den Seitenstreifen, ist die Nutzung des Seitenstreifens von dem Sonderrecht des § 35 Abs. 1 StVO gedeckt, ohne dass es darauf ankommt, ob sich zwischenzeitlich bereits Rettungsgassen gebildet haben. Kollidiert ein Pkw, der beim Wechsel von der mittleren auf die rechte Fahrspur einer Autobahn über die Begrenzungslinie hinaus auf den Seitenstreifen gerät, mit einem dort nur mit mäßiger Geschwindigkeit (hier: 45–50 km/h) und Blaulicht fahrenden Einsatzfahrzeug der Polizei, haftet der den Fahrstreifen wechselnde Pkw für den Unfall allein.“

– OLG Frankfurt, Urteil v. 14. März 2016 - 1 U 248/13

Daraus folgt, dass Einsatzfahrzeuge nicht verpflichtet sind, die Rettungsgasse zu benutzen. Sie können – selbst wenn sich bereits eine Rettungsgasse gebildet hat – ebenso den Seitenstreifen benutzen.

Einsatzkräfte benutzen die Standspur allerdings nur ungern, und nur auf kurzen, überschaubaren Abschnitten zwischen Auffahrt und Einsatzstelle. Befindet sich unvermutet aber völlig legitim ein liegengebliebenes Fahrzeug auf der Standspur, so sieht sich das Einsatzfahrzeug links neben sich mit einer kilometerlangen dicht an dicht aufgefahrenen Kolonne von Lkw konfrontiert, zwischen denen Raum für einen Spurwechsel erst durch Rangieren eines Dutzend Lkw geschaffen werden müsste, oder es bliebe eine lange Fahrt im Rückwärtsgang.

 

Bei zähfließendem oder stockendem Verkehr sollten Verkehrsteilnehmer auf die Bildung einer Rettungsgasse vorbereitet sein.

 

Verordnungsbegründung zur Schrittgeschwindigkeit

 

In der Verordnungsbegründung des Bundesrats vom 22. September 2017 heißt es, „die Rettungsgasse sei gemäß § 11 Absatz 2 StVO nur bei Stillstand oder Schrittgeschwindigkeit zu bilden. Als Schrittgeschwindigkeit werden zumeist Geschwindigkeiten bis zu 7 km/h angesehen. Die alleinige Verschärfung der Ahndung von Verstößen gegen die Bildung der Rettungsgasse würde dazu führen, dass Verkehrsteilnehmer, die Einsatzfahrzeuge blockieren, bei geringfügigem Überschreiten dieser Grenzgeschwindigkeit nur noch mit einer deutlich verringerten Ahndung zu rechnen hätten.“ Deshalb wurde zeitgleich die Sanktionierung in gleicher Höhe auf eine generelle Behinderung von Einsatzfahrzeugen ausgedehnt, auch bei einer Überschreitung der Schrittgeschwindigkeit. „Eine Angleichung würde darüber hinaus die Einsatzfahrzeuge, die blockierende Fahrzeuge melden oder verfolgen, davon entbinden, Feststellungen zur Geschwindigkeit zu machen. Beide Vorschriften erfüllen den gleichen Zweck, nämlich die Ermöglichung des schnellen Erreichens des Einsatzortes durch Einsatzkräfte“. Durch diese Verordnungsbegründung ist beabsichtigt, dass die Behinderung von Einsatzfahrzeugen bei einem Stau, welcher Definition auch immer – ob bei Stillstand, Schrittgeschwindigkeit oder auch darüber – als Sanktionierungsgrund für das Nichtbilden einer Rettungsgasse ausreicht. Der Bundesrat führt hierzu aus: „Wird keine freie Bahn geschaffen, werden Einsatzfahrzeuge immer behindert.“

Sanktionierungen

Wer bei Schrittgeschwindigkeit oder wenn sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden die Rettungsgasse nicht vorschriftsmäßig bildet, begeht eine Ordnungswidrigkeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 11 StVO) und

  • muss mit einem Bußgeld in Höhe von 200 Euro plus 2 Punkte rechnen,
  • bei Behinderung: Bußgeld von 240 Euro plus 1 Monat Fahrverbot 
  • mit Gefährdung: Bußgeld von 280 Euro plus 1 Monat Fahrverbot 
  • mit Sachbeschädigung: Bußgeld von 320 Euro plus 1 Monat Fahrverbot 

Seine Zustimmung zu der Vorlage knüpfte der Bundesrat an die Bedingung, die Bußgelder für Verstöße gegen die Pflicht, bei Blaulicht oder Einsatzhorn sofort freie Bahn zu schaffen, ebenfalls anzuheben. Ansonsten bestünde ein Wertungswiderspruch. Beide Verstöße seien gleich schwer zu bewerten und müssten deshalb auch gleich geahnt werden.

Bei schwerwiegenden Behinderungen kann unter Umständen eine strafrechtliche Verfolgung als Verkehrsstraftat nach § 315c StGB (‚Gefährdung des Straßenverkehrs‘) hinzukommen z. B. für das absichtliche Blockieren einer Rettungsgasse oder das absichtliche nicht beiseite Fahren bei Blaulicht und Martinshorn oder das Behindern von Personen, die bei Unglücksfällen Hilfe leisten wollen nach § 323c.

Mit Verkündung der Dreiundfünfzigsten Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften traten die Änderungen am 19. Oktober 2017 in Kraft 

Bis zu diesem Zeitpunkt betrug das Verwarnungsgeld 20 Euro, wenn keine Rettungsgasse gebildet wurde. Punkte im Fahreignungsregister waren nicht vorgesehen.

Härtefälle

Härtefällen kann im Rahmen des Opportunitätsprinzips begegnet werden. Das Opportunitätsprinzip ist in den einschlägigen Landesgesetzen geregelt. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (Bußgeldverfahren) liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen. (§ 47 OWiG). Die Polizei trifft dabei ihre Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen. Sollte beispielsweise ein Lenker eines Fahrzeugs so behindert werden, dass ihm das Bilden einer Rettungsgasse schlichtweg nicht möglich ist, kann die Polizei von einer Ahndung absehen.

Offenhalten der Rettungsgasse

Auch nach Vorbeifahrt eines ersten Einsatzfahrzeugs ist die Rettungsgasse weiterhin offen zu halten, so lange der Stau oder der in Schrittgeschwindigkeit voranschreitende Verkehr anhält, da vielfach noch weitere Einsatz- und Rettungsfahrzeuge folgen. Hierzu gehören Polizei, Feuerwehr, Notarzt und Rettungswagen. Insbesondere nachalarmierte Kräfte, wie beispielsweise Einheiten des Technischen Hilfswerks, Fahrzeuge ohne „Blaues Blinklicht“, wie Abschlepp- und Bergedienste, Gutachter oder Bestattungsunternehmer können folgen. Bei der Freiwilligen Feuerwehr rückt der Feuerwehrzug grundsätzlich nicht gemeinsam aus, so dass nach der Durchfahrt des Kommandofahrzeuges weitere Feuerwehrfahrzeuge zu erwarten sind.

Überholverbot in der Rettungsgasse

Die Gefährdung des Straßenverkehrs erfolgt auch durch sogenannte Kolonnenspringer – auch Motorradfahrer –, die die Rettungsgasse zum Überholen benutzen. Sie müssen damit rechnen, von den Einsatzkräften oder von anderen Verkehrsteilnehmern angezeigt zu werden. Der Bundesgerichtshof hat bereits 1968 entschieden, dass das Überholverbot auf Autobahnen – mit wenigen Ausnahmen – für alle Verkehrsteilnehmer gilt.

„Es wird daran festgehalten, daß auf Autobahnen grundsätzlich nicht rechts überholt werden darf. Das gilt auch für den Fall, daß auf der Überholspur eine Kolonne und rechts nur einzelne Fahrzeuge fahren. Ausnahmen können nur zugelassen werden, wenn auf beiden Fahrspuren Kolonnenverkehr herrscht; wenn die auf der Überholspur fahrende Kolonne zum Stehen gekommen ist. Dann dürfen die auf der Normalspur fahrenden Fahrzeuge mit äußerster Vorsicht und mit einer Geschwindigkeit von nicht mehr als 20 km/st vorfahren; wenn die linke Kolonne nur mit einer Geschwindigkeit von höchstens 60 km/st fährt. Aber auch dann darf auf der Normalspur nur mit äußerster Vorsicht und mit einer Mehrgeschwindigkeit von höchstens 20 km/st vorgefahren werden.“

– Beschluss des BGH vom 3. Mai 1968 – 4 StR 242/67 –, BGHSt 22, 137-144,

Mehrere Obergerichte haben entschieden, dass das Überholen im Stau durch Motorräder verboten ist.

„Ein Motorradfahrer, der auf der Autobahn im Stau zwischen zwei langsam fahrenden und zeitweilig stillstehenden Fahrzeugkolonnen nach vorn fährt, überholt unerlaubt rechts.“

– OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 1990 – 5 Ss (OWi) 151/90 - (OWi) 77/90 I juris

„Wenn ein Motorradfahrer in Stau zwischen den auf Weiterfahrt wartenden Fahrzeugkolonnen nach vorne fährt, überholt er verbotswidrig.“

– OLG Stuttgart, Beschluss vom 06. Juni 1979 – 3 Ss (8) 60/79

„Das Rechtsüberholen durch Motorradfahrer zwischen langsam fahrenden oder auch wartenden Fahrzeugkolonnen auf Autobahnen ist verboten. Ein Motorradfahrer, der auf einer Bundesautobahn bei einem Stau zwischen stehenden oder noch in Bewegung befindlichen Fahrzeugen hindurchfährt, muß mit unbedachtem Verhalten stehender Verkehrsteilnehmer rechnen.“

– OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. April 1979 – 1 Ss (6) 1047/78

Ebenso ist strikt untersagt, Einsatzfahrzeugen nachzufahren. Auch Spurenwechsler, die glauben dadurch im Stau schneller voran zu kommen, behindern die Rettungsgasse erheblich.

Autobahneinfahrten

Einfahrspur zur Rettungsgasse an Autobahneinfahrt freihalten

Rettungsfahrzeuge dürften in der Regel von der zur Unfallstelle nächstgelegenen Autobahneinfahrt auf die Autobahn einfahren. Hat sich der Stau bereits im Bereich einer Autobahneinfahrt gebildet, so ist in den rechten Fahrspuren eine Einfahrspur von der Autobahneinfahrt in die Rettungsgasse von den Fahrzeugen dieser Spuren freizuhalten.

 

Auflösung der Rettungsgasse

Nach Beendigung des Verkehrsstaus oder des Verkehrs in Schrittgeschwindigkeit wird die Rettungsgasse aufgelöst. Die Fahrspuren werden wieder regulär benutzt. Die Rettungsgasse endet bei einem Verkehrsunfall erst am Unfallort beziehungsweise an der Stauursache. Wer als Schaulustiger einen Unfall beobachtet und dabei abbremst, um eine bessere Sicht auf das Geschehen zu haben, behindert die Rettungskräfte und verlängert die Staubildung. Wer dies von der Gegenfahrbahn aus tut, wird selbst zum Stauverursacher auf der Gegenfahrbahn, was dort zur Bildung einer – sonst unnötigen – Rettungsgasse führen kann. Das sogenannte Gaffen von Schaulustigen stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld von 20 Euro bis 1000 Euro geahndet werden kann. Ebenso ist das Fotografieren oder Filmen von verunglückten Autos und Verletzten verboten und kann gemäß § 201a Abs. 1 Ziff. 2 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe sanktioniert werden. Im mildesten Fall droht wegen unerlaubter Handybenutzung während des Autofahrens ein Bußgeldbescheid in Höhe von 82,50 Euro sowie ein Punkt im Fahreignungsregister (Verkehrssünderkartei in Flensburg).

(Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Rettungsgasse)

 

Hoffentlich tragen diese Zeilen zu einem besseren Verständnis bei?!?!

 

!!!RETTUNGSGASSE=LEBENSWICHTIG!!!

Feuerwehr Ergolding